Wenn Schüler mit ihrem Musiklehrer ein Philharmonisches Konzert besuchen, ist das immer ein kleines Wagnis. In den Heiligen Hallen des Bildungsbürgertums treffen dann in der Regel zwei Generationen aufeinander: Gediegene ältere Herrschaften in Anzug und Abendgarderobe, seit Jahrzehnten mit einem Abo für die Philharmonie und einem entsprechenden Erfahrungsschatz in Fragen klassischer Musik und Aufführungspraxis ausgestattet - und junge Leute, die teilweise zum ersten Mal in ihrem Leben an einem solchen "Kulturevent" teilnehmen, für die vieles oder alles neu und faszinierend ist, die plötzlich in eine für sie völlig neue Welt der Sinne eintauchen.

So ist es auch den Musikkursen der K2 gegangen, als ich mit ihnen am 7.12.2016 das dritte Konzert der Heidelberger Philharmoniker unter der Leitung von Gabriel Feitz besucht habe. Aufgeführt wurden Werke im romantischen, bzw. spätromantischen Stil der italienischen Komponisten Giuseppe Verdi und Ottorino Respighi, das Programm passte also genau zu unserer aktuellen Unterrichtseinheit "Die musikalische Romantik".

Geboten wurden große Emotionen und Leidenschaften, dargeboten von einem gewaltigen, um 2 Harfen, Klavier, Celesta, Ratsche, Orgel und drei Wagnertuben aufgeblähten Sinfonieorchester, dessen Musiker aus Platzgründen teilweise sogar auf der Orgelempore Platz nehmen mussten.

Das Publikum wurde von den Musikern und ihrem Dirigenten in klangliche Extreme von pianissimo bis fortissimo, von todtraurig bis triumphal, von schleppend-langsam bis rauschhaft-bewegt eingetaucht und schließlich sogar von dem Gesang einer echten Nachtigall entzückt. Großartige Bilder wurden mit bombastischen Melodien und Harmonien heraufbeschworen, mal kämpfte der Erzengel Michael im Himmel mit dem Luzifer die große Entscheidungsschlacht, mal marschierte im antiken Rom auf der Via Appia ein römischer Konsul mit seinem siegreichen Heer auf, um im Triumph aufs Kapitol zu ziehen.

Für meine Schüler war es jedenfalls ein großes Erlebnis, die im Unterricht erarbeitete romantische Musiktheorie jetzt auch live und "mit voller Dröhnung um die Ohren gehauen zu bekommen" und dabei die ganz besondere Stimmung während eines Konzertabends erleben und genießen zu können.

In den Gesprächen auf dem Heimweg gab es dann noch reichlich Fragen zu beantworten, z.B. was man denn so alles können müsse, um Dirigent zu werden oder ob der dritte Satz von Respighis "Kirchenfenstern" nicht in einem unregelmäßigen Takt geschrieben wurde... (Großes Kompliment an meine Schülerin Helen: Da hat sie wirklich genau hingehört und den rhythmischen Nagel auf den Punkt getroffen - es ist der 7/8-Takt!)

Für mich als Musiklehrer ist schließlich der Besuch solcher Konzerte mit meinen Schülern eine absolute Herzensangelegenheit: Wer wird Deutschlands weltweit einzigartige Musiklandschaft mit ihren vielen Orchestern am Leben erhalten, wenn wir unsere jungen Leute hierfür nicht begeistern können? Und wie können wir unsere Schüler besser für die großartige Vielfalt unserer abendländischen Musiktradition begeistern, als mit dem Besuch solch wunderbarer Konzerte?

(Dr. Guido Elberfeld, Musiklehrer)