Berlin - Tag und Nacht

Begleitet und behütet vom schon bewährten ‘Berlin-Team’ des Kurpfalz-Internats (Jacqueline Göbel, Gisela Lasser, Matthias Scholl, Paul Denzer) unternahmen die Schülerinnen und Schüler der Kursstufe 1 auch in diesem Schuljahr wieder eine Studienfahrt in die Bundeshauptstadt. Vom Sonntag, dem 20. bis zum Donnerstag, dem 24. September konnten wir Kurpfälzer erleben,  wie viel Berlin seinen Besuchern zu bieten hat -  bei Tag und bei Nacht. Denn eines der Highlights dieses Berlin-Aufenthalts war sicherlich eine nächtliche Stadtrundfahrt, die so spät endete, dass wir – nach einer den Abend beschließenden gemeinsamen Einkehr – sogar die letzte S-Bahn in Richtung unseres Hotels verpassten.

Aber natürlich waren wir auch tagsüber im schönen, sonnigen Spätsommer unterwegs. Wir besuchten den Deutschen Bundestag im Reichtstagsgebäude und ließen uns durch einen launigen Vortrag eines Mitarbeiters des Bundestags in die Arbeitsweise unseres Parlaments einführen – von der Frage, ob ein Abgeordneter während einer Sitzung auf die Toilette dürfe, bis zum gelegentlich vorkommenden Hammelsprung wurde alles geduldig beantwortet und erläutert. Dass Berlin auch vor der Gründung unseres demokratischen Staates im Mittelpunkt des politischen Geschehens war, erfuhren wir eindrucksvoll durch eine Epochenführung im Deutschen Historischen Museum, das sich im ehemaligen preußischen Zeughaus Unter den Linden befindet. Tondokumente, Bilder, Plakate und Filmausschnitte gaben uns Nachgeborenen einen Einblick in die sicherlich schrecklichste Zeit der deutschen Geschichte – die Zeit der nationalsozialistischen Terrorherrschaft.

Geradezu greifbar und körperlich spürbar wurde die Geschichte des Zweiten Weltkriegs und der unmittelbaren Nachkriegszeit während einer Führung durch den Gasometer in der Fichtestraße, der im Krieg zum Hochbunker umgebaut worden war und noch bis 1963 notgedrungen vielen Familien als Wohnung diente. Wer den Bunker nur von außen kennt – ein riesiger Rundbau mit einer Gründerzeit-Klinkerfassade vom Ende des 19. Jahrhunderts - , kann sich die bedrückende Enge, die Dunkelheit, die schlechte Luft kaum vorstellen, in welcher die Menschen während des Krieges und in der Nachkriegszeit leben und überleben mussten. Ebenso in die eher dunklen Seiten der Stadtgeschichte führte ein Besuch im Berlin Dungeon, der historisch korrekte, aber mit seiner geisterbahnmäßigen Einbindung natürlich vor allem auch schaurig-vergnügliche Einblicke in Berlins vergangene Zeiten bot.

Dass Informationsvermittlung und Belehrung im Idealfall auch sehr vergnüglich und kurzweilig sein kann, erlebten wir schließlich beim Besuch der größten Freiluft-Galerie der Welt, der East Side Gallery. Jörg Weber, ein Mitglied der Künstlergruppe, welche die monumentalen Gemälde auf dem letzten authentischen Rest der Berliner Mauer auf einer Länge von knapp einem Kilometer betreut, sprudelte geradezu über vor Anekdoten und Histörchen, als er uns einige der spektakulärsten Bilder und deren Entstehungsgeschichte erklärte. Das wohl berühmteste Bild z.B., ein Trabi, der ohne einen Kratzer abzubekommen frontal die Mauer durchbricht,  stammt von der Künstlerin Birgit Kinder, die wenige Tage vor der Maueröffnung endlich, nach 15 Jahren Wartezeit, ihren Neuwagen abholen konnte. Und welches Nummernschild trägt das mauerdurchbrechende Papp-Auto?  NOV-9-89.

P. Denzer