Ein Interview zu den Möglichkeiten der Fortbildung in Sachen "Jugendsprache" (Stand: September 2021) im Rahmen einer erlebnispädagogischen Klassenfahrt.

▲: Herr A., Sie haben sich gemeldet, um uns von einer besonderen Erfahrung im Rahmen der Fahrt der 9. Klassen der Realschule des Kurpfalz-Internats in den nördlichen Schwarzwald zu berichten. Was hat sich da zugetragen, dass Sie uns mitteilen wollen?

►: Na ja, eigentlich bin ich ja nur mitgefahren, weil ein Kollege plötzlich wegen Krankheit nicht teilnehmen konnte. Und da ich die jungen Leute nicht hängen lassen wollte, bin ich kurzfristig eingesprungen, habe mir aber dabei nichts Böses gedacht.

▲: Nichts Böses sagen Sie? Das klingt ja gewaltig; was ist denn genau passiert?

►: Also, was wirklich Böses im eigentlichen Sinne nicht, sondern vielmehr eine außergewöhnliche Lernerfahrung, und das nach so vielen Jahren in der Schule.

▲: Geht's vielleicht noch ein bisschen genauer? Lernerfahrung, das kann ja viel bedeuten.

►: Wir, das heißt 15 Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren plus drei Betreuungspersonen waren Ende September fünf Tage in einem Selbstversorgerhaus in Gaggenau-Michelbach am Rande des schönen Murgtals untergebracht.

▲: War das etwa das Besondere?

►: Nein, ganz und gar nicht. Mir kam es eher so vor, als seien einige Schüler*innen davon überrascht worden, dass eine solche erlebnispädagogische Reise kein All-inklusive Urlaub ist.

▲: Und da sind Sie böse geworden, weil die Teilnehmer*innen keine große Lust auf Tisch decken, Essen richten, abräumen, spülen und abtrocknen hatten und Sie alles alleine machen mussten?

►: Nein, nein, ganz im Gegenteil! Das haben die sehr gut hingekriegt, da war ich echt überrascht. Zwischendurch gab's mal das eine oder andere Kommunikationsproblem und entsprechend lange Gesichter, aber im Grunde lief dieser Teil der gemeinsamen Unternehmungen mit am besten. Sogar die Endreinigung des Gebäudes am Morgen vor der Abreise haben sie bravourös gemeistert, sodass sogar noch Zeit blieb, um auf der Wiese in der Sonne zu chillen, bevor wir uns zu Fuß auf den Weg nach Gaggenau-Down Town gemacht haben.

▲: Was haben Sie also dazugelernt? Das klingt doch alles ganz normal, 'normal business' halt, wenn man gemeinsam unterwegs ist - oder?

►: Da haben Sie völlig recht: Die entscheidende Erkenntnis dieser Reise fehlt noch und raten Sie mal, wo ich diese gewonnen habe?

▲: Ich nehme an, bei den erlebnispädagogischen Aktivitäten, die ja wohl im Vordergrund Ihres Programms standen; so haben Sie uns das zumindest im Vorgespräch erklärt.

►: Ja und nein: ja, weil die Schüler*innen bei den Gruppenaktivitäten und Teambuildingspielen (Geocaching, Klettern, Alle-durch-das-Spinnennetz, Katze-Maus, Bogenschießen, Tischbouldern, Feuerspucken am Lagerfeuer; Capture the flag, Kopenhagen Fight-Club uvm.), die die beiden Trainerinnen im Laufe der Tage eingebracht haben, so einiges über sich und die anderen erfahren haben und ich sie so zumindest etwas näher kennen lernen konnte; nein, weil es bei bestimmten Aufgaben darum ging, sich innerhalb der Gruppe abzustimmen, und die Aufsichtspersonen gehalten waren, sich zurückzuhalten, um den Teambuilding-Prozess nicht zu stören.

▲: Also, nehmen Sie nun etwas Wichtiges von dieser Reise mit oder nicht? Was Sie erzählen, klingt bisher eher belanglos und in der Tat sind wir mittlerweile tierisch gelangweilt von Ihrem Gelaber.

►: Tierisch und Gelaber, das sind genau die richtigen Stichworte: Ich hatte erwartet, dass in den Äußerungen der Jugendlichen Wörter wie "tierisch", "krass" und "Gelaber" ständig vorkommen würden, aber weit gefehlt: Digga, die Selbstversorgerhütte in 'the middle of nowhere' ist ja randommäßig lost, aber letztlich war die Fahrt doch ziemlich gechillt.

▲: Save, Alter?

►: Ja, echt weird!

▲: Herr A., wir danken Ihnen für dieses aufschlussreiche Gespräch und freuen uns mit Ihnen über den großen Erkenntnisgewinn; wir gehen davon aus, dass Sie nunmehr die erworbenen Kenntnisse angemessen im Unterricht einsetzen werden.

PS: Das vorliegende Gespräch wurde am 1.10.2021 während der Rückfahrt vom Schwarzwald in die Kurpfalz aufgezeichnet und für die Veröffentlichung entsprechend redigiert.