Im Atrium des Kurpfalz-Internates verfolgen zahlreiche Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen K0 bis K2, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Gäste des Hauses den engagierten und hochaktuellen Vortrag von Professor Manuel Vermeer, der zum wiederholten Male als ein geschätzter Experte in der internatseigenen Reihe „Starke Vorbilder – Starke Kinder“ erscheint.

Professor Vermeer ist Halb-Deutscher, Halb-Inder. Er studierte moderne und klassische Sinologie in Heidelberg und Shanghai. Er unterstützt europäische Unternehmen in Asien in Fragen der Strategie, des Markteintritts, bei Verhandlungen und Kommunikationsthemen und berät Unternehmen aus dem DAX, dem MDAX und dem TecDAX sowie Politiker*innen und zahlreiche wirtschaftliche Institutionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Professor Vermeer lehrt an Hochschulen in Europa und Asien, u.a. am Ostasieninstitut der HS Ludwigshafen. Er hat Fachbücher zu China und Indien publiziert, darunter aber auch eine Reihe von bisher vier politischen Thrillern um die deutsche Ingenieurin Dr. Cora Remy. Aus dem 4. Roman „Am seidenen Faden“ liest der Autor.

Showdown im Himalaya. Die chinesische Seidenstraße droht die ganze Welt unter ihren Machteinfluss zu bringen. Die USA, aber auch Indien sind in höchster Alarmbereitschaft. Da gerät die deutsche Ingenieurin Dr. Cora Remy, die mit ihrem indischen Freund Ganesh in Myanmar Urlaub macht, mitten in einen Anschlag auf einen ehemaligen CIA-Agenten und wird dabei verletzt. Wie hängt diese Tat mit dem Mord an dem amerikanischen Außenminister in Beijing zusammen? Weltweit folgt ein Attentat auf das nächste, die Großmächte verdächtigen sich gegenseitig, und die Lage eskaliert. Kann es Cora gelingen, ein geplantes Attentat auf eine internationale Konferenz zu verhindern? Wer sind die wahren Hintermänner des Terrors? Das Schicksal der Welt hängt am seidenen Faden! [Verlagstext: M. Vermeer, Am seidenen Faden, KBV, Taschenbuch: 400 Seiten. ISBN: 978-395441624]

Aber das ist nicht der Fokus des heutigen Vortrags, der didaktisch geschickt die Zuhörerinnen und Zuhörer mit auf eine Reise von Indien, über Südostasien bis nach China und in die Höhen des Himalayas nimmt. Professor Vermeer präsentiert anhand anschaulicher Karten und Schaubilder den historischen Kontext der „modernen Seidenstraße“, zahlreiche Fotos belegen seine persönlichen Reiseerfahrungen. Seien es die Umrundung des heiligen Berges Kailash auf dem Pilgerpfad, der Genuss von Yak-Fleisch, die beeindruckenden tibetischen Mönche oder die Empfindungen im Basislager auf über 5.000 Meter Höhe – diese Eindrücke und noch viel mehr sind wichtige Inspirationsquellen. Hier zeigt sich schon früh, dass es sich nicht um eine gewöhnliche Buchvorstellung handelt, sondern der Titel des Vortrages lautet „Eskaliert die Situation in Asien? Nuklearmächte im Konflikt“.

Beklemmend aktuell ist diese Thematik und Professor Vermeer gelingt es, das „hochgefährliche Gemisch“ innerhalb der asiatischen Konfliktregionen entlang der hochgerüsteten Grenzen transparent zu schildern. Packend ist seine Lesung eines Roman-Ausschnitts, der den Überlebenskampf von indischen Elite-Soldaten an der indisch-chinesischen Grenze im kalten, lebensfeindlichen Hochgebirge beschreibt. „Mord, Action und Liebe“ kommen im Roman jedoch auch nicht zu kurz, versichert der Autor seinem Publikum und stellt fest: „Wissen verbunden mit Action – und alles stimmt!“ Gerade die Vermittlung von Fakten ist in der heutigen Zeit wichtig. Seitdem Xi Jinping seine Macht weiter gefestigt hat, strebt China zur Weltherrschaft. Globale chinesische Einkäufe (z.B. Häfen), die beschleunigte Digitalisierung, die Erschließung wichtiger Lithium-Vorkommen (Batterien, E-Mobilität) und Kupferminen (z.B. Afghanistan), Großprojekte wie die „Neue Seidenstraße“ oder die Karakorum- und Myanmar-Gas-Pipelines sollten ein „Wake-up call“ vor allem für die deutsche Politik sein. In einem populären chinesischen Action-Film siegt der Held „rambolike“ gegen die USA, seitdem spricht man in China von „Wolf Warrior Diplomacy“ (chinesisch: 战狼外交; pinyin: Zhànláng Wàijiāo). Professor Vermeer fordert einen globalen und holistischen Blick, aber der Bundesregierung mangele es an einer geeigneten China-Strategie, kritisiert Professor Vermeer. An der Taiwan-Krise zeige sich deutlich: „Unser Schicksal hängt am seidenen Faden“. In der chinesischen Sprache hat „Krise“ eine doppelte Bedeutung: Chance wird mit jihui 机会 und Krise mit weiji 危机 übersetzt. Beiden gemeinsam ist das Zeichen ji , das unter anderem Gelegenheit bedeutet, und wei, das für Gefahr steht. Weiji ist also eine Bedrohung, die eine Wende zum Besseren in sich trägt.

Am Ende seines aufschlussreichen Vortrages fordert Professor Vermeer sein Publikum auf, Fragen zu stellen, was die Schülerinnen und Schüler gerne umsetzen. Die wichtigste Frage lautet natürlich: „Wie kann man die Probleme lösen und die Abhängigkeit von China einschränken?“  Zunächst müsse man die China-Kompetenz in den Schulen schaffen und über Politik, Kultur und Geschichte des Landes unterrichten, auch Chinesisch als Fremdsprache sollte häufiger angeboten werden, die Schülerinnen und Schüler müssten lernen, viele zuverlässige Medien besser zu nutzen. Die bundesdeutsche Regierung sollte eine kompetente China-Abteilung schaffen. Wichtig sei es, „mit allen zu reden“, der Handel in der EU dürfe aber nicht gefährdet werden. Auch gelte es, die zu große Abhängigkeit Deutschlands von den USA, die in China als „failed state“ gesehen werden, zu überdenken. Außerdem müsse man „die „Ethiken trennen“, d.h. westlich-aristotelische Ethik ist nicht chinesische Ethik: „China wird nicht wie wir“. Professor Vermeer zieht das Fazit „Es ist ja alles da!“ und meint damit den großen Fundus an Ideen. Dazu gehöre auch, dass jede und jeder Ressourcen sparen und sich informieren könne. Seinen Schlussappell richtet Professor Vermeer an die Schülerinnen und Schüler: „Gehen Sie nach China! Machen Sie ein Praktikum!“

Bericht verfasst von: D. Blum (Lehrer für Deutsch, Geschichte und Ethik)