Vortrag am 04.02.2019 im Rahmen der Reihe "Starke Vorbilder - Starke Kinder"

Zebrafische, das sind die Modellorganismen, mit denen sich Prof. Dr. Joachim Wittbrodt und seine Forschungsgruppe das Labor an der Universität Heidelberg teilen.

Warum gerade Zebrafische? Sie pflanzen sich sehr schnell fort, bis zu 300 Eier kann ein Weibchen pro Woche ab laichen. Nach 100 Tagen können junge Zebrafische selbst Nachwuchs zeugen. Weiterhin benötigen sie relativ wenig Platz und sind leicht artgerecht zu halten. Besonders wichtig aber ist, dass Zebrafische als Wirbeltiere viele Gene besitzen, die bei Säugetieren und damit eben auch bei uns Menschen dieselben oder ähnliche Funktionen haben. Somit können durch ihre Erforschung viele Rückschlüsse auf ontogenetische und molekulare Gemeinsamkeiten gezogen werden. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten werden viele Individuen, die genetisch identisch sind, benötigt.

Herr Prof. Dr. Wittbrodt forscht im COS -Centre for Organismal Studies - Heidelberg und leitet die Abteilung Tierphysiologie und Entwicklungsbiologie. Er sieht die Embryonen als multidimensionale Datenbank. In seinem Labor beobachten er und sein Team Entwicklungsprozesse mit Hilfe des Digital Scan Laser Light Sheet Microscope. Dabei können einzelne Zellschichten im Organismus beobachtet werden. Danach wird aus 500 Bildern pro Minute ein Film erstellt und man kann den Embryonen sozusagen beim Wachsen zusehen. So konnten viele neue Erkenntnisse gewonnen und Zusammenhänge beobachtet werden.

Was ist nun das Ziel dieser Forschung? Kann die zukünftige Evolution verbessert werden? Was bedeutet eigentlich Verbesserung? Was macht uns einzigartig? Lässt sich das menschliche Genom designen?

All diese Fragen drängen sich auf und suchen nach Antworten. Herr Prof. Dr. Joachim Wittbrodt zog die Zuhörer durch seinen lebendigen Vortrag, seine bildhafte Sprache und seine Begeisterung für die Wissenschaft in seinen Bann.

Das menschliche Genom besteht aus ca. 3 Milliarden Basenpaaren und lediglich 5% des Genoms enthält Gene, das bedeutet, dass 95% „dunkle Materie“, wie es Herr Prof. Dr. Joachim Wittbrodt nennt, des Genoms sind. Die Genschere Crispr/Cas, die im Gegensatz zu bisher bekannten Genscheren, variabel programmierbar ist, gilt für viele als Hoffnungsträger für die Heilung monogener Erbkrankheiten wie zum Beispiel Chorea Huntington. Laut Herrn Prof. Dr. Joachim Wittbrodt zeigten Versuche im Labor, dass „nur“ in 1% der Fälle das Arbeiten mit der Genschere Crispr/Cas funktioniert und 99% der Versuche nicht das gewünschte Ergebnis erbringen und zu Mutationen führen. Die Effektivität liegt also noch weit unter den Erwartungen und sicher auch den Vorstellungen vieler Zuhörer. Somit kann die Frage: Lässt sich das menschliche Genom designen noch mit -nein- beantworten. Allerdings wird, so der Referent, eine Verstärkung der Vielfalt und eine effiziente Herstellung neuer Genkombinationen die Folge der Anwendungen von Crispr/Cas sein.

Aber nicht nur die wissenschaftliche Seite der Forschung im Bereich der Gentechnik sondern auch ethische Aspekte wurden in den Vortrag eingebunden. Auch hier stellen sich Fragen, die auch die Wissenschaftler immer wieder beschäftigen. Welchen Weg ebnen die Forschungsergebnisse in Bezug auf weitergehende Eingriffe in der Zukunft? Was gilt es auszumerzen, wenn alle „einfachen“ Krankheiten geheilt sind? Wollen wir uns  immer weiter „optimieren“?

Diese aktuellen wissenschaftlichen Informationen und die vielfältigen Fragen, die der Vortrag aufgeworfen hat, bilden eine gute Grundlagen, um die eigene Einstellung zum Thema -Gentechnik- zu überdenken.

In seinem Vortrag “Genetik der Individualität“ stellte Herr Prof. Dr. Joachim Wittbrodt  heraus, dass sein „Lebenslauf als Wissenschaftler“ nicht geradlinig geplant war, sondern er immer seinen Interessen und seiner Neugier gefolgt ist. Diese Umwege, Irrwege oder neuen Wege bringen wichtige Erfahrungen ein und öffnen den Weg für neue Gedankengänge.

Herr Prof. Dr. Joachim Wittbrodt, vielen herzlichen Dank für diesen spannenden und sehr informativen Vortrag, der auch die Schülerinnen und Schüler des KPI erreicht und eingebunden hat. Ein begeisterter Wissenschaftler, ein brillanter Redner und ein starkes Vorbild.